25. April 2024

Einwurf zum Diskussionspapier der SPD zur 28. Armee für die Europäische Union #2

Die Arbeitsgruppe Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion hat eine eigene Streitmacht für die Europäische Union ins Gespräch gebracht. Im November wurde ein Konzeptpapier veröffentlicht.

Macht diese Idee der Arbeitsgruppe Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion überhaupt Sinn? Bedingt, denn einen sicherheitspolitischen Mehrwert hätte eine EU-Armee nur, wenn sie vorrangig als Interventionsarmee konzipiert wäre, die schnell verlegbar und durchhaltefähig, als Kraft der ersten Stunde eingesetzt werden könnte. Daher wäre es wichtig, wo Befehls- und Kommandogewalt angesiedelt wären und welche Mechanismen bei einer Einsatzentscheidung greifen würden.  Auch besteht in der Europäischen Union  kein einheitliches Verständnis der Parlamentsbeteiligung. Sollte die Politik in der BRD weiterhin nach dem Verständnis des unantastbarem Parlamentsvorbehalt festhalten wird die Idee der SPD scheitern.

Wie soll ein solches Vorhaben gemäß dem SPD Papier praktisch-militärisch überhaupt umgesetzt werden? Eine mit 1.500 Soldaten aufzustellende Brigade ist unter militärischen Gesichtspunkten nicht realisierbar. Eine autark einsetzbare Brigade sollte hingegen aus circa 8.000 Soldaten bestehen. Soll eine EU-Armee für die schnelle Krisenintervention aufgestellt werden müsste man zwei verstärkte Infanteriebataillone und zwei verstärkte Panzergrenadierbataillone aufstellen. Dazu wären je nach Zusammensetzung und Auftrag Kampfunterstützer, etwa Artillerie- und Panzerpionierkräfte und ein Aufklärungs-, ein Logistik- und ein Sanitätsbataillon erforderlich. Für die Führung einer solchen Brigade wären außerdem Fernmeldekomponenten, Militärpolizisten, Verbindungselemente und ABC-Abwehrkräfte notwendig. Eine Verband in dieser Aufstellung könnte bei Bereitstellung von zwei seiner Kampfverbänden mindestens ein Jahr durchhaltefähig sein.

Eines der wichtigsten Themen beim Aufbau einer 28. Armee ist zu berücksichtigen, dass das Angebot an verfügbaren Soldaten begrenzt ist, eine einsatzfähige Armee kann nicht nur aus Rekruten bestehen. Gerade die Führungs- und Ausbildungsaufgaben erfordern sehr erfahrene Soldaten! Aus diesem Grund würde eine die neu aufzustellende EU-Armee nicht umhinkommen, Personal aus den internationalen Streitkräften der Mitgliedstaaten abzuwerben, um die Dienstposten besetzen zu können. Wollen wir das? Auch müsste Folgendes festgelegt werden: die Strukturen der EU-Armee, die sich aus dem Fähigkeitsprofil ableiten, das benötigte Material, Fragen des Wehr- und Disziplinarrechts, personalrechtliche Angelegenheiten (Laufbahnrecht, Aufstiegs- und Beförderungschancen) und nicht zuletzt der Status europäischer Soldaten. Die SPD sperrt sich ja aktuell gegen die vernünftige Ausrüstung der Bundeswehr, siehe die Diskussionen um die Anschaffung bewaffneter Drohnen oder die Nachfolge für den alternden Tornado der Luftwaffe. Dies passt nicht mit diesem Papier zusammen, dass muss man einfach festhalten.

 Weitere Fragen stellen sich bei der materiellen Einsatzbereitschaft, wie soll diese sichergestellt werden? Das erforderliche Material für die Truppenteile zu beschaffen dauert selbst bei marktverfügbaren Komponenten mehere Jahre und wäre eine kostspielige Angelegenheit. Wo werden die Soldaten ausgebildet? Diese Frage wäre ebenfalls zu klären. Den Aufbau einer solchen Streitmacht sollte ein Expertengremium steuern, das der Kommission direkt untersteht, damit nationalstaatliche Interessen weitestgehend eingefangen werden. Um eine erste militärische Handlungsfähigkeit der EU sicherzustellen, sollte die Brigade unter Berücksichtigung der Ausbildungskapazitäten über 8.000 bis 10.000 Soldaten verfügen.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), nannte den Vorschlag „eine Träumerei“: militärisch unpraktikabel, finanziell unverantwortlich, mit den europäischen Verträgen unvereinbar und in Deutschland wohl auch durch Verfassungsänderung unerreichbar, so Röttgen. Außerdem stellt sich die Frage, was kann die 28. Armee, was schon die 27 nicht können: Europas strategische Autonomie in unsicheren Zeiten bewahren – wo Putin seine Hand nach Westen ausstreckt und der US-Schutzschirm wackelt? Die nüchterne Antwort: wenig bis nichts!

Außerdem sollte die SPD erst einmal, eine Strategie in Bezug auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickeln. Hier ist nichts zu erkennen, außer einem scharfen Abbiegen nach Links in die Bedeutungslosigkeit.

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